8. März 2025 — Freistadt am internationalen Frauentag
Heute war ich (zum ersten Mal in meinem Leben) in Freistadt. Der Grund war eine Spezialführung anlässlich des Weltfrauentags. Mag. Sonja Thauerböck lud zur Führung „Die andere Hälfte der Geschichte“. Und sie war spannend.
Es wird angenommen, dass Freistadt um 1225 vom Babenberger-Herzog Leopold VI angelegt wurde. Gesichert ist diese Jahreszahl allerdings nicht. Erstmals wurde Freistadt als „Frienstat“ 1241 urkundlich erwähnt. Aber die Stadtgeschichte ist eng verknüpft mit der Geschichte von Frauen.
Katharina von Alexandria — die Schutzherrin des Katharinenmünsters
Vor dem Bau des Münsters im 13. Jahrhundert wurde als Schutzherrin Katharina von Alexandrien ausgewählt. Die Beschreibung deren Lebens ist eine Legende. Nach dieser Legende lebte Katharina zu Beginn des 4. Jh. als Tochter von König Costus im ägyptischen Alexandria. Sie war ein außergewöhnlich schönes Mädchen, hochgebildet und von Haus aus mit unermesslichen Gütern gesegnet. Kurz gefasst: Da sie sich weigerte, heidnische Götter anzubeten, wurde sie eingesperrt, gefoltert und im Endeffekt zum Tode verurteilt. Da der Versuch, sie zu rädern nicht erfolgreich war, wurde sie enthauptet. Mehr zur Legende ist hier zu finden: https://www.martinus.at/portal/pfarren/patrozinien/artikel/article/124.html&ts=1741469402977
Die Bierbrauerei — ein Frauengewerbe
Schon bei den Germanen war das Brauen Frauensache. Gerade im frühen Mittelalter arbeiteten nur Frauen in den Brauereien. Aber auch im Haushalt war das Brauen die Aufgabe der Frauen. Wie schon Rumpelstilzchen sagt: „Heute back ich, morgen brau ich, übermorgen hol ich mir der Königin ihr Kind, …“ Das Bierbrauen ist für uns landläufig mit den Klöstern verbunden. Was auch stimmt. Aber es waren die Nonnen, die dafür zuständig waren.
Kleines Detail am Rande: den Besitzer:innen der Innenstadthäuser in Freistadt (Braucommune) gehört noch heute das Brauhaus.
Elisabeth von Görz und Tirol — die Herrin über das Salzkammergut (1262/63 — 1313)
Gräfin Elisabeth von Görz-Tirol war — wie neue Forschungen nahe legen — eine Nachfahrin der Babenberger. Geheiratet hat sie einen Habsburger und wurde dadurch zur Herzogin von Österreich. Sie hatte wahrscheinlich 12 Kinder oder mehr. Also Morgengabe erhielt sie von ihrem Ehemann Graf Albrecht V. von Habsburg das Salzkammergut. Sie verlieh dem Bergwerk am Hallberg (Hallstatt) die Bergrechte am Salzbau. Sie sorgte für die Organisation des Abbaus, des Transports, der Verteilung und legte damit den Grundstein für den Salzabbau in Hallstatt und das Florieren der Region.
Anna Spohr, geborene Kainnacher
Ein Grabstein in der Kirche „Unserer lieben Frau Maria hilf“ erzählt uns einen Teil der Geschichte der Anna Kainnacher. Als Tochter von Ulrich Kainnacher ist sie nach dessen Tod eine reiche und gut gebildete Frau. Da sie die von ihrem Vater versprochene Ehe nicht einhalten will, flieht sie und kauft sich schließlich von ihrem Verlobten Wolfgang Pichler um 700 Gulden frei. Danach kann sie sich wieder frei bewegen und kehrt nach Freistadt zurück. Sie heiratet Anton Spohr und hat mit ihm sieben Kinder. Sie wird Hausherrin in dessen angesehenem Handelshaus und verfügt über großen Einfluss.
Maria Regina (verehelichte Capeller), Maria Clara und Maria Rosina Schifer — die Förderinnen der Piaristen
Die drei Schwestern setzten sich für den Piaristenorden in Freistadt ein und machten — wie man es heute bezeichnen würde — eine Schenkung auf den Todesfall an eben diese Piaristen. Bereits nach dem Tod von Maria Regina, deren Ehemann schon vor ihr verstarb, kamen die ersten Piaristen nach Freistadt. Mit dem an sie vererbten 1/3 des Vermögens der Schwestern gründeten sie eine Lateinschule. Diese ist der Vorläufer des heutigen Gymnasiums. 1753 erhielten die Piaristen ein Haus am Hauptplatz als Schulgebäude (heutiges Sparkassengebäude). 1761 wurde die Schule offiziell eröffnet. Im Gegenzug für die Stiftung mussten die Piaristen täglich eine Messe für die Gründerinnen lesen.
Ein Innenstadthaus
Sonja hat uns den Aufbau und die Funktion eines typischen Hauses am Hauptplatz erklärt. Kurz gesagt wurde im Vorderhaus gewohnt, im Hinterhaus gelagert bzw. das Vieh versorgt. Auch Gäste konnten im Hinterhaus auf einem Strohlager nächtigen.
Weise Frauen und Hebammen
Sonja räumt auch mit dem Mythos auf, dass meistens „weise“ Frauen und Hebammen als Hexen verbrannt wurden. Gegen diese Ansicht spricht vor allem, dass gerade die Hebammen sogar Nottaufen vornehmen durften und daher von der Kirche hoch angesehen sein mussten.
Brigitte Schwaiger — Schriftstellerin und Malerin
Brigitte Schwaiger ist eine zeitgenössische Freistädter Künstlerin. Sie wurde 1949 in Freistadt geboren und starb 2010 in Wien. Ihr erster Roman Wie kommt das Salz ins Meer? (1977) macht sie schlagartig berühmt. An diesen Erfolg kann sie erst 2006 wieder anknüpfen.
Am 8. Oktober 2023 wurde der Brigitte-Schwaiger-Literaturweg in Freistadt feierlich eröffnet. An zwölf Stationen gibt es viel zu lesen, zu sehen und zu hören (via Smartphone und QR-Code).
Der Ausflug nach Freistadt hat sich voll und ganz gelohnt. Auch das Essen im Brauhof war es wert, den Ausflug zu unternehmen.
Weiterführende Informationen
- Sonja Thauerböck — The Guide: https://www.theguide.at/